Autoreninterview Sarah Bosetti

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Sarah Bosetti ist eine Erfindung ihrer Eltern. Seit 1984 ist sie anwesend, halb Mensch und halb Frau, studierte zunächst Filmregie in Brüssel und zog dann nach Berlin, wo sie sich seither zur Ersparnis eigener Heizkosten im Scheinwerferlicht der Slam-, Lese- und Kabarettbühnen wärmt. In ihrem Debütroman »Mein schönstes Ferienbegräbnis« erzählt sie vom Ende der Jugend, dem Übergang vom Kindsein zum Kindkriegen.
Hier steht sie uns für unsere Interviewreihe Rede und Antwort, die Fragen stellte Flora Ihlau.

Tee oder Kaffee?

Kakao.

Dein Spitzname in der Grundschule?

Klosetti. Rosetti. Posetti.

Dein größtes unnützes Talent?

Ich kann sehr gut nicht singen.

Mit welcher Person, tot oder lebendig, würdest du am liebsten ein Abendessen verbringen?

Ich esse ja ganz gern mit lebendigen Personen zu Abend, wenn auch eventuell nur aus Gewohnheit. Mit einem Leuchtturmwärter könnte ich gut zu Abend essen, glaube ich. Wie sind Leuchtturmwärter? Ich stelle sie mir uneitel vor.

Welches Buch hast du zuletzt verschenkt?

Ich verschenke immer abwechselnd Bücher von Max Goldt und Walter Moers.

Dein liebster Streitpartner?

Der Schlaf. Er mag mich nicht.

Dein schlimmstes Bühnenerlebnis?

Vor Kurzem ist ein »besorgter Bürger« zu einem unserer Slams in Berlin gekommen und hat einen Text vorgelesen, in dem er prophezeite, all die bösen muslimischen Flüchtlinge würden einen Bürgerkrieg anzetteln, Deutschland in Schutt und Asche legen und wir müssten dann ihr Land wieder für sie aufbauen. Das war ein bisschen schlimm, weil wir als Moderatoren neutral bleiben, ihm aber eigentlich keine Bühne bieten wollten. Man weiß ja vorher nie, was jemand vorzutragen vorhat. Wir haben ihn dann ausreden lassen, nicht zuletzt, um der »Nirgendwo darf man sagen, was man ja wohl noch mal sagen dürfen wird«-Pseudoargumentation kein Futter zu geben. Und als er von der Bühne ging, hat einfach niemand im Saal applaudiert. Das habe ich beim Slam noch nie erlebt. Ich war ein bisschen stolz auf unser Publikum.

Worüber hast du dich zuletzt geärgert?

Über die Dummheit und Feigheit der Menschen.

Was würdest du machen, wenn du keine Schriftstellerin wärst?

Nachts besser schlafen wahrscheinlich. Vielleicht Filme machen, das hab ich ja mal studiert. Ich weiß nicht, ob ich eine gute Leuchtturmwärterin wäre, aber ich habe gerade auf Wikipedia gelesen, dass es den Beruf gar nicht mehr gibt. Da stand auch, dass Wikipedia jetzt seit fünfzehn Jahren existiert. Vor fünfzehn Jahren war ich in der zehnten Klasse. Wie habe ich es nur ohne Wikipedia in die zehnte Klasse geschafft?

Womit kann man dich gut vom Schreiben ablenken?

Mit Wikipedia.

Nehmen wir an, du würdest gerade an einem Liebesroman arbeiten. Wie würde er heißen?

»One Shade of Grey.« Es wäre eine sehr traurige Geschichte über zwei manisch-depressive Menschen, die nie zueinander fänden, weil ihre Stimmungen entgegengesetzt zueinander getaktet wären: Immer, wenn er gerade eine manische Phase hätte, wäre sie depressiv. Und andersherum. So könnten sie nie wirklich etwas miteinander anfangen.

Wie sieht dein perfekter Tag aus?

Schönes, aber nicht zu warmes T-Shirt-Wetter. Kluge, gute, lustige Menschen um mich herum, die mich mögen, obwohl sie klug, gut und lustig sind. Ein See mit Boot. Viel Zeit, mein Hund, zirpende Grillen, fliegende Fliegen, das ganze Trara. Daneben aufgereiht: eine Tischtennisplatte, ein Bällebad, eine Hüpfburg und ein Schlagzeug. Von mir aus auch eine Kiste Bier. Und niemand, der sich über den Lärm beschwert.

Welcher Politiker hat Poetry-Slam-Qualitäten?

Die meisten, glaube ich. In der Politik gibt es ja viele Bühnenmenschen. Sie wären aber alle bessere Slammer, wenn sie mehr Humor hätten.

Was möchtest du im Leben noch unbedingt erleben?

Meinen perfekten Tag.

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