Interview mit Olja Savi?evi?

Olja Savi?evi? hat in diesem Frühjahr ihren Erzählband »Augustschnee« bei uns veröffentlicht. Im folgenden Autoreninterview möchten wir sie euch ein wenig vorstellen. (Weitere Interviews mit unseren Autoren gibt es übrigens hier.)

Olja Savi?evi?, 1974 in Split geboren, studierte Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität Zadar. Sie veröffentlichte drei Lyrikbände, die auszugsweise in mehrere Sprachen übersetzt wurden und arbeitet als Kolumnistin, Literaturkritikerin und Herausgeberin. 2006 wurden ihre Erzählungen »Nasmijati psa« (dt. »Augustschnee«) von der Zeitung Vijenac und dem Verlag AGM als bestes Manuskript des Jahres ausgezeichnet und publiziert. Das Buch kam in die Shortlist der Jury für den Kiklop-Prosapreis und den Literaturpreis der Zeitung Jutarnji list. Für ihre Erzählung »Der Held« erhielt sie 2007 den renommierten Marinkovi?-Preis. (Foto: Andriana Škunca)

olja savicevic (c) Andriana Skunca

Um dich unseren Lesern ein wenig näherzubringen: Beschreib doch mal, wie ein normaler Tag in deinem Leben aussieht.

Ich bin oft unterwegs, und die Sommer verbringe ich auf einem Boot oder auf der Insel Korcula. Ich nehme an, dass sich die Frage nach dem »normalen Tag« eher auf den Rest des Jahres bezieht, auf die Zeit, die ich in Split verbringe.

Also, ich habe mir ein Arbeitszimmer in einem alten Lagerraum eingerichtet, unter einem Zitronenbaum (den ich nur durch ein kleines Kellerfenster sehen kann). Der Lagerraum befindet sich acht Meter von meiner Wohnung entfernt, das heißt, ich kann nicht im Schlafanzug zu meinem Arbeitsplatz gehen. Ich habe den Status eines unabhängigen Künstlers (freelancer) und lebe vom Schreiben verschiedener Texte für Zeitschriften, Radiostationen und Fernsehen. Ich schreibe regelmäßig Kolumnen für eine Tageszeitung, was mich manchmal zur Verzweiflung bringt, denn es scheint mir zu anstrengend, jeden Samstag etwas Kluges von mir zu geben.

Ich schreibe (oder versuche es wenigstens), während meine Tochter in der Schule ist. Danach gehe ich mit ihr in den Park oder an einen Strand. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, dann koche ich etwas.

Manchmal melde ich mich zu einem Pilates-Kurs an, auch aus schlechtem Gewissen. Da gehe ich zwei Monate lang hin und dann gehe ich immer öfter statt zu Pilates in einen Klub neben der Buchhandlung eines Freundes ein Bier trinken. Das wiederholt sich jeden Winter.

Abends, wenn meine Tochter schläft, lese und schreibe ich normalerweise. Hin und wieder, meistens nachts, fahre ich im Auto herum und überlege mir Geschichten für meine Bücher. So sind viele Bücher entstanden. Oft träume ich sie auch, deshalb gibt es in ihnen ab und zu fantastische Momente.

Und warum schreibst du bzw. was machte dich zur Schriftstellerin?

Ich war sehr jung, als mein erstes Buch veröffentlicht wurde, erst vierzehn. In meiner Kindheit habe ich sehr gern aus reiner Spielerei geschrieben. Da ich in der Zwischenzeit nichts anderes gefunden habe, was ich tun kann und will, wurde aus dem Spiel Arbeit.

Es hat sich aber einiges verändert, vor allem: Arbeit macht nicht immer so viel Spaß wie Spielen …

Außerdem muss ich etwas zu sagen haben, ich muss dieses unrealistische Gefühl haben, dass ich die Welt ändere, zwar nur ein bisschen und sehr langsam (in etwa so, wie wenn ein Goldschmied versucht eine Stadt wieder aufzubauen, die von einem Erdbeben zerstört wurde), indem ich meine aufrührerischen Sehnsüchte in nette kleine Geschichten verpacke.

Gibt es Vorbilder, die dich inspirieren?

In meiner Jugend hatte ich viele Vorbilder, sogar mehr unter den Figuren aus Popliedern, Filmen, Büchern und Comics als unter den Autoren selbst.

Zum Beispiel liebe ich alle Geschichten und Lieder und ihre Helden, die sich auf der Straße abspielen. Das ist wohl meine Sehnsucht nach Reisen, weil ich glaube, dass der Mensch nur auf Reisen frei ist, wenn er aus seinem Kontext heraus genommen ist. Vielleicht fasziniert mich dieses Genre auch, weil Kroatien zu klein ist –hier gibt es keine Road novel (was ich auch in der Geschichte »Kindheit eines Regisseurs von Roadmovies« thematisiert habe).

Die Autoren, die mir gefallen, sind hervorragende Stilisten, fast Dichter: Schultz, Buzzati, Musil, O’Connor, Woolf, Yourcenar, Jerofejev, Fante, Marinkovi? … Aber ich glaube nicht, dass das jemand aus meinen Geschichten herauslesen kann, denn meine Poetik ist ganz anders. Ich bin gar nicht sicher, ob ich sie als Vorbilder anführen kann. Vorbilder sind auf jeden Fall reale Menschen, die ich schamlos für meine Geschichten genutzt habe.

Was war das wichtigste Ereignis in deiner Karriere?

Das war wohl der Moment, als ich mit dreißig begriffen habe, dass ich schreiben will – und nichts anderes. Davor hatte ich drei Gedichtbände veröffentlicht, aber das war lange her, da hatte ich noch nicht so viel über das Schreiben nachgedacht. Ich habe unbeirrbar alles von mir gewiesen, was ich bis dahin getan hatte und angefangen wie verrückt in die Tastatur zu hauen.

Ich habe ein paar Geschichten für einen Wettbewerb für unveröffentlichte Manuskripte geschrieben, nur um eine andere Meinung einzuholen – kann ich überhaupt Prosa schreiben? Offensichtlich dachte man, dass ich das kann, ich bekam einen Preis und das Buch Augustschnee (Im Original: »Nasmijati psa«) wurde veröffentlicht. Und dann hat sich mein Berufsleben sehr verändert, denn das Buch hatte beträchtlichen Erfolg.

Was sind deine Pläne für die nähere Zukunft?

Ich habe angefangen, einen neuen Roman zu schreiben, aber ich habe Angst darüber zu sprechen, das bringt nur Unglück. War nur ein Witz. Ich hatte Probleme mit der Schreibblockade oder wie die blöde Situation heißt, wenn man selbst zwar will, aber das Schreiben nicht. Impotenz?

Dann habe ich einen Essay von Thomas Pynchon gelesen, in dem er schreibt, dass die Schreibblockade eigentlich Faulheit ist. Und ich schätze Pynchon, also habe ich auf ihn gehört und mich an die Arbeit gemacht.

Ich hoffe, dass das Buch so interessant und verrückt wird, wie es in meinem Kopf ist. Ich versuche immer etwas zu schreiben, das ich noch nie vorher geschrieben oder gelesen habe, das ist eine Herausforderung für mich.

Dank an Blažena Radas für die Übersetzung. Hier gibt es mehr Info zum aktuellen Buch der Autorin, Lese- und Hörproben findet man rechts.

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