Rückblick auf Jochen Schmidts Lesung beim Bachmannpreis

Etwas aufgeregt war ich schon, aber Jochen hat seinen Auftritt heute sehr souverän gemeistert. Er las eine Geschichte über einen neurotischen Kosmonauten im Weltall, dessen Gedanken vor allem um sich und sein Leben kreisen, gespickt mit der Jochen-Schmidt-typischen Ironie, voller versteckter Anspielungen auf alles Mögliche (Geschichte, Kultur, Wissenschaft …) und witziger Ideen. Literarisches Niveau mit einem feinen, intelligenten Humor, attestiere ich hier mal. (Hier gibt es den Text zum Nachlesen)

Die Jury zeigte sich im Anschluss durchweg sehr angetan, Karl Corino fand den Text »hochintelligent und witzig«, aber er hatte Einwände die Erzählsituation betreffend. Daniela Strigl fand ihn »sehr gescheit, sehr witzig«, er erinnerte sie an eine Travestie, Martin Ebel nannte ihn einen »lockeren, witzigen« Text über einen Menschen, »der sich selbst mit der Welt gleichsetzt«, Ijoma Mangold bezeichnete die Geschichte als »erkentnistheoretische Burleske« und attestierte ihr eine »enorme Komik«, aber auch Traurigkeit, es sei ein »brillanter Text«. Iris Radisch, die ja auch für gepfefferte Verrisse bekannt ist, bemerkte, der Text berge Chancen und Risiken zu gleichen Teilen, fand aber auch tolle Sätze, Komik usw.. Ihr Hauptkritikpunkt war die Perspektive (Astronaut), das sei nur eine Stilübung (»Braucht man die, reibt die sich noch an etwas«), und bemängelte »fehlendes Gewicht der Welt«, d.h. der Text war ihr wohl zu weit weg vom »richtigen« Leben (mit dieser Kritik könnte ich leben an Jochens Stelle). Abschließend gab sie aber auch zu, der Text habe sie sehr amüsiert. Klaus Nüchtern schloss sich ihr an, und meinte in Bezug auf Vorjahressiegerin Kathrin Passig »einmal geht noch mit den Neuberliner Entfremdungstexten«, aber dann sei es auch gut. Er nutzte das eigenartig-lustige Wort »Tubendrehertexte«. Den Rest der Diskussion habe ich dann nicht mehr mitbekommen, man muss ja auch arbeiten. Hier gibt es aber Videos der Lesung und Diskussion.

Zum Weiterlesen: sehr gute Zusammenfassungen von Jochens Lesung inkl. anschließender Jurydiskussion (sowie »Protokolle« des gesamten Tages) findet ihr hier und hier.

 Update: Ein Ranking der Juroren nach der aus ihren Nominierungen resultierenden Anzahl der Preisträger findet ihr dort. Es führt Ursula März mit 5 Preisen. Diese hat übrigens auch Jochen Schmidt dieses Jahr nominiert …

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