Leif hatte ja hier schonmal über den Einstieg eines Investors bei den Kollegen vom Blumenbar Verlag berichtet, heute fand man beim Börsenblatt mehr Info dazu: Der Investor ist Frankfurter Anwalt und im Besitz einer Venture Capital Firma. Er hat bei Blumenbar nun eine Minderheitsbeteiligung.
Mit dem Einstieg sollte ja, wie bereits veröffentlicht wurde, die Titelzahl von 7 auf 14 im kommenden Jahr gesteigert werden. Heute wurde nun auch bekanntgegeben, was die beiden Verleger noch so planen mit frisch gestärktem Rücken: Leute einstellen, das Programm auf ausländische Titel erweitern, neue Programmbereiche (Sachbuch und Biografie) und eine neue belletristische Reihe starten. Es wird z.B. einen kaufmännischen Geschäftsführer und neue Mitarbeiter in Lektorat, Presse und Vertrieb geben. Lars Birken-Bertsch und Wolfgang Farkas bleiben aber verlegerische Geschäftsführer und damit verantwortlich für das Programm.
Wolfgang hat auch ein Interview gegeben, in dem ich folgende Stelle bemerkenswert finde:
Mit den vorhandenen Mitteln war auf Dauer kein Überleben möglich. Die Alternative hieß: wachsen oder sterben. Mit der Investition wird auch eine stärkere Professionalisierung unserer Arbeit möglich.
Eine sehr ehrliche Aussage, die das Dilemma vieler Kleinstverlagen auf den Punkt bringt. Natürlich kann man sehr lange mit einer ordentlichen Portion Selbstausbeutung durchhalten, aber für eine kritische Masse ist Professionalisierung und eben auch Wachstum notwendig. Aber wie weit soll man das treiben? Nur ein weiterer austauschbarer mittlerer Verlag zu werden, der sich dann wegen hoher Fixkosten und damit einhergehender Mindestauflagen von den großen Buchhandelsketten abhängig macht und versucht mehr Bücher zu verkaufen, indem er dem Geschmack des Mainstreams entgegenkommt? Das kann meiner Meinung nach nicht funktionieren.
Wolfgang sagt, dass Blumenbar zwar zukünftig ein »breiteres Publikum« ansprechen, aber seine Originalität nicht aufgeben möchte. Genau das wäre die hohe Kunst des (Klein-)Verlegens zwischen Buchhandelskonzentration und »Collaps of the Middle« heutzutage. Und nicht eben einfach, wie oben angedeutet. Er hat im Tagesspiegel Blumenbars Schritt aber immerhin abgegrenzt von Tropens Verkauf an Klett (hier Leifs Blogpost dazu): Lars und er wollen den Verlag weiterentwickeln und unabhängig bleiben. Ich wünsche beiden auf jeden Fall viel Erfolg auf ihrem Weg und hoffe, dass der Blumenbar Verlag sein Profil behält, nur eben in größerer Ausführung.
Kollege Jörg Sundermeier vom Verbrecher Verlag kommentiert den Investoreneinstieg (neben anderen lesenswerten Ansichten über die Entwicklungen auf dem Buchmarkt) übrigens in einem Interview beim Spreeblick.
Ach ja, Stichwort Professionalisierung: Tropen gehört jetzt zu einem Konzern, Blumenbar steigt in die nächsthöhere Liga auf. Ich bin gespannt, was im Kreis der Independents als nächstes ansteht (oder wer). Dass es ungeachtet des Hypes um die schicken unabhängigen Kleinen so »arm aber sexy« nicht ewig weitergeht, war eigentlich klar.
4 Kommentare
Danke für die Infos und den Link zu dem wirklich interessanten Interview mit dem Verbrecher Verlag beim Spreeblick. Wie seht Ihr denn Euren weiteren Weg als Independent?
hallo ralf, gute frage. sicherlich werden wir erstmal aus eigener kraft wachsen. ansonsten sehen wir uns aber eher auf einem weg wie blumenbar: eine minderheitsbeteiligung eines investors wäre super, denn dabei würden wir keine einschnitte bei der programmgestaltung befürchten müssen. verkaufen werden wir auf keinen fall.
ebenfalls danke für den link zum interview bei spreeblick. da spricht auch einer mal das an, was ich bei der buchpreisbindung als kritisch ansehe, nämlich dass sie für fette renditen missbraucht wird. aber letztlich ist das ja auch eure chance, wenn die großen verlage risiken mehr eingehen und nur noch die „cash cows“ als autoren wollen. letztendlich leben wir ja eh in einem zeitalter in dem sich die ganze medienlandschaft neu positioniert.
genau. wir können auch mit geringeren auflagen sehr gut leben und gute bücher machen. und was die medienlandschaft betrifft: es stimmt, wenn wir uns nicht allzu dämlich anstellen, sollten wir unsere leser auch erreichen können. zumal mundpropaganda ja heutzutage auch digital funktioniert – und das somit oft besser als früher. da müssen wir einfach dranbleiben, was die entwicklung betrifft …